Michel Valentino: Valkyrie – Return of a Myth

 Michel Valentinos verstörende Arbeiten zum „Mythos Walküre“

Im Rahmen der aktuellen Berichterstattung zum heutigen Filmstart von „Operation Walküre“ (Valkyrie)1 stieß ich auf die so faszinierenden wie verstörenden Arbeiten von Michel Valentino.

Der 1972 geborene Valentino setzt sich in seinem künstlerischen Wirken immer wieder intensiv mit Krieg auseinander. Ende der 1980er wollte er Kampfflugzeugpilot werden, doch ein beinahe tödlicher Unfall veränderte sein Leben wie auch seine Sichtweise darauf: statt einer militärischen Karriere begann er künstlerisch zu arbeiten. Seine Herangehensweise ist multidisziplinär, sei es in szenischen Fotografien, Performances oder Gemälden. Seine Themen begründen sich aus einer Gesellschaft, die von Krieg, Konsumdenken, Politik, Mode, Drogen, Unterhaltung und beständiger Propaganda geprägt ist.

An dieser Stelle beschränke ich mich auf seine aus dem Jahr 2007 stammende Performance and Fotoserie „Valkyrie – Return of a Myth“. Wie die meisten seiner Werke ist auch Valkyrie verstörend und voller (zumindest unterschwelliger) Gewalt. Die Serie wird von einer an Oberst Graf von Stauffenberg erinnernden, seltsamen Gestalt beherrscht: Bekleidet mit einer schwarzen (Phantasie-)Offiziersuniform, der Kopf nahezu vollständig bandagiert, ein Auge unter einer Augenklappe. Die Zähne sind durch ein medizinisches Instrument freigelegt: eher ein erzwungenes Lächeln, oder doch ein Blecken?

Die Serie wird mit dem Bild „Political Opportunity“ eingeleitet, in der Verweise auf Tod und Kontinuität ebenso enthalten sind wie auf den Mythos als solchen: Heldentum und medial-politische Instrumentalisierung im Jetzt. Der Standartenträger in seiner modernen Jetpiloten-Uniform ist mehr als nur ein mögliches Alter Ego des Künstlers. Dieser zweiter Charakter taucht immer wieder auf, als Schatten, als büßend Betender, als stolz Posierender oder den Ritterschlag erhaltend.

Die zentrale Frage hat Bestand: Wie hätte man sich in jener Zeit verhalten, ob in einer Position wie derjenigen von Stauffenbergs oder einer beliebig anderen? Selbstgerecht sprechen Viele so politisch korrekt wie vorschnell davon, wie aufrichtig man sich gegen das Regime gestellt hätte. Andere werfen den Verschwörern des 20. Juli 1944 vor, sie hätten zu spät reagiert, sie seien zumindest nationalkonservativ gewesen, sie wären Hitler gefolgt und nicht zuletzt waren sie auch noch Soldaten (das ist ganz bäh). Doch wie sähe die individuelle Realität abseits einer wissenden Rückschau aus, aus dem Kontext der Zeit?

Ein anderer Bereich des Mythos wird ebenso thematisiert: Wie praktisch ist doch so eine Widerstandsgruppe im Rückblick! Heldengestalten bedürfen der Vereinfachung. Somit entfällt die unangenehme Notwendigkeit, sich tiefer mit der Komplexität der Charaktere auseinanderzusetzen, den Schwierigkeiten im Umgang mit Verrat, Eid und Selbstverständnis, der Frage nach der theoretischen alternativen Zukunft bei einem geglückten Putsch, und auch nach der Motivation für eine solche Tat. Tote Helden sind umso besser, denn sie lassen sich einfacher instrumentalisieren – und als Platzhalter für eine fehlende Auseinandersetzung missbrauchen.

Die Frage nach dem Grund stellt sich für die Charaktere aus Valentinos Werk Valkyrie nicht: gesichtslos-anonym füllen sie ihre zentralen Rollen aus. Die Verstörung bleibt.

Sicherlich wird Warist noch mehr über diesen faszinierenden Künstler berichten, der zur Zeit in New York lebt.

Weitere Links:
Michel Valentinos Website
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MichelValentinos Facebook-Profil
Michel Valentinos Behance-Profil

  1. Siehe Wartist-Artikel zum deutschen Filmtitel; die Europapremiere von Operation Walküre war am 20.1.2009

2 Gedanken zu „Michel Valentino: Valkyrie – Return of a Myth“

  1. ….naja mal ehrlich, kunst kann man das delitantische werk dieses selbsternannten jetpiloten wohl nicht nennnen, mir scheint, mit den düsteren visionen beschreibt dieser hochstapler eher sein shizo-neurotisches innenleben………….

  2. Hallo spyd,

    naja, mal ehrlich, sonderlich reflektiert ist Ihr Kommentar aber nicht gerade.

    Immer wieder glauben Leute, sie könnten definieren, was Kunst ist und was nicht, und besonders gern wird dann den Werken der angeblichen „Nicht-Kunst“ und ihren Erschaffern unterstellt, sie taugen ja nichts, jeder könne so etwas machen und selbst Dreijährige dies noch besser etc.

    Solchen Leuten sei gesagt:
    1) Nein, sie können es nicht selbst, denn sonst hätten sie es getan.
    2) Kunst mag einem gefallen oder nicht; Kunst kann einen langweilen oder interessieren; aber Kunst ist immer Ergebnis eines kreativen Prozesses. Über Kunst läßt sich trefflich streiten – aber zu behaupten, dies oder jenes sei „keine Kunst“, ist einfach nur strunzendumm.

    Ansonsten mißfallen mir natürlich Beleidigungen wie „Hochstapler“ durchaus, woher Sie auch immer die Chuzpe nehmen, diese Behauptungen loswerden zu müssen.

    Man merke: anderen Dilettantismus vorzuwerfen, aber gleichzeitig dieses offenbar doch recht schwierige Fremdwort (und gleich noch eines) nicht korrekt schreiben zu können, konterkariert den gewünschten Eindruck der Intellektualität.

    Mit besten Grüßen und ein Frohes Fest
    Martin Bayer

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