Zwischen Kaiserwetter und Donnergrollen (Hannover)

Vom 20. Oktober 2013 bis 19. Januar 2014 präsentiert das „Wilhelm Busch – Deutsches Museum für Karikatur und Zeichenkunst“ in Hannover die Ausstellung „Zwischen Kaiserwetter und Donnergrollen – Die wilhelminische Epoche im Spiegel des Simplicissimus von 1896 bis 1914“. Die satirische Zeitschrift „Simplicissimus“ hielt seit ihrer Gründung im Jahr 1896 der von innen- wie außenpolitischen Krisen und gesellschaftlichen, kulturellen und technologischen Umbrüchen geprägten Gesellschaft in den Jahren vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs den sprichwörtlichen Spiegel vor. Kern der Ausstellung sind Originale führender satirischer Künstler der Jahrhundertwende wie Thomas Theodor Heine, Eduard Thöny, Olaf Gulbransson, Bruno Paul, Karl Arnold, Rudolf Wilke, Wilhelm Schulz und Ferdinand von Rezniček.

T. T. Heine verweist mit „Durchs dunkelste Deutschland – Die Doppel-Justitia“ (1903) erneut auf die zweigeteilte Klassengesellschaft, in der „Gemeine und Arbeiter“ von Banken und Adel getrennt und deutlich anders behandelt werden. Das Plakatmotiv der Ausstellung, Thönys „Zuchtwahl“ aus dem Jahr 1902, ist eine beißende Karikatur auf das militarisierte Selbstverständnis einer Gesellschaft, die kaum eine Dekade später mit Begeisterung in den Krieg ziehen sollte – und auch auf das damalige Bild der Frau. Überaus interessant sind auch die Kommentare zur Situation auf dem Balkan; die Balkankriege 1912 und 1913 sind klare Vorzeichen des Ersten Weltkrieges: Heines „Ein Tag aus der Kindheit des serbischen Kronprinzen“ stellt diesen als gewissenlosen Gewalttäter dar: seine Ziele – ob Tier oder Mensch – erlegt er mit Begeisterung und wird hierfür von seinem Vater gelobt. „Die Cholera auf dem Balkan“ des gleichen Künstlers aus dem Jahr 1912 ist eine bildgewaltige Anklage gegen den Krieg und seine Folgen: Der hierzulande vergessene Balkankrieg führte auch zu einer großen Choleraepidemie.

Mit Olaf Gulbranssons „Deutsche Wacht in Kiautschau“ sind wir schließlich im Ersten Weltkrieg angekommen: erschienen am 6. Oktober 1914, stemmt sich der germanische Ritter mit reichsdeutscher Flagge gegen die „gelbe Gefahr“, eine Welle mit zubeißenden „japanischen“ Schädeln als Schaumkronen, ganz im Stile japanischer Farbholzsschnitte wie von Katsushika Hokusai gehalten. Am 7. November 1914, kaum ein Monat später, kapitulierten die deutschen Truppen gegen die japanischen und britischen Angreifer, nachdem kurz zuvor die letzte Munition verschossen worden war. Das ostasiatische Kapitel des Ersten Weltkrieges war somit weitestgehend beendet – das große Sterben sollte jedoch erst beginnen.

Die Karikaturen werden durch weitere Exponate ergänzt, um einen besseren Einblick in das Leben, Denken und Fühlen der Menschen in der Vorkriegszeit zu ermöglichen, wie z.B. ein Druck von Carl Röchlings ikonographischem „The Germans to the Front“ (1900) zur deutschen Beteiligung an der Niederschlagung des Boxeraufstandes in China (1899-1901), das in zahllosen Haushalten hing. Zur von einem breiten Rahmenprogramm begleiteten Ausstellung erscheint ein Katalog (120 Seiten; 24,90 €). „Zwischen Kaiserwetter und Donnergrollen“ wird von der Niedersächsischen Sparkassenstiftung gefördert.

Zur Eröffnung am 20. Oktober 2013 um 1130h sprechen Dr. h. c. Herbert Schmalstieg (Vorsitzender der Wilhelm-Busch-Gesellschaft e.V.), Gerhard Schröder (Bundeskanzler a.D.), Dr. Heinrich Jagau (Stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Hannover) und Dr. Gisela Vetter-Liebenow (Museumsdirektorin).

Zwischen Kaiserwetter und Donnergrollen
20. Oktober 2013 bis 19. Januar 2014
Di-So 1100-1800h
Eintritt: 4,50 €, ermäßigt 2,50 €, Familienkarte 10,00 €
Eröffnung: 20. Oktober 2013, 1130h

Wilhelm Busch – Deutsches Museum für Karikatur und Zeichenkunst
Georgengarten
30167 Hannover

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