Andrew Gilbert: „Colonial Exhibition – Culloden 1746“ (power galerie, Hamburg)

In der Ausstellung „Colonial Exhibition: Culloden 1746“ (Power Galerie, Hamburg, 27. Oktober – 7. Dezember 2012), präsentiert der schottische Künstler Andrew Gilbert neue Zeichnungen in der traditionellen Darstellungsweise von Militärmuseen, um sich mit jenem epischen wie blutgetränkten historischen Ereignis auseinanderzusetzen: der letzten Schlacht auf britischem Boden. Gilbert (1980 geboren in Edinburgh) ist wahrlich fasziniert von den britischen Soldaten des 18. und 19. Jahrhunderts und ihrem Auftreten in den Darstellungen der Kolonialkriege, Zentrum seines umfassenden Schaffens. Seit 2002 lebt und arbeitet Gilbert in Berlin.

Am 16. April 1746 wurde das letzte Kapitel des erfolglosen Zweiten Jakobiteraufstandes mit der Schlacht von Culloden aufgeschlagen: Prinz Charles Edward Stuart – besser bekannt als „Bonnie Prince Charlie“ – kämpfte mit ca. 5.000 Soldaten (zumeist schottische Highlander) in der Nähe von Inverness gegen ca. 9.000 loyalistische Truppen (einschließlich einer signifikanten Zahl an Schotten und einer kleinen Anzahl sogenannter „Hessen“ aus Deutschland) die von Prinz William Augustus, Duke of Cumberland, angeführt wurden. Die jakobitische Armee war ungenügend ausgerüstet, hungrig, müde und vor allem schlecht trainiert, als sie auf die loyalistischen Truppen traf. Diese eröffneten das Feuer mit einer weitaus überlegenen Artillerie. Als Charles den Angriff befahl, folgten nur Teile seiner Truppen: Die MacDonalds – die traditionell auf dem rechten Flügel kämpften – waren auf dem linken Flügel positioniert worden und – sich somit gekränkt fühlend – verweigerten den Angriff. Weniger als eine halbe Stunde nach dem ersten Schuss waren mehr als 1.200 jakobitische Soldaten getötet worden, während die loyalistischen Truppen ca. 50 Tote zu beklagen hatten.

Allersdings befahl der Duke of Cumberland alle verwundeten und gefangenen Gegner zu töten: für ihn waren sie keine Kriegsgefangene, sondern schlichtweg Verräter. Mehr noch, er sandte britische Truppen in die schottischen Highlands, um auf „Befriedungsmissionen“ gegen jedwege „jakobitische Umtriebe“ und „mit aller Härte“ vorzugehen. Durch die besondere Brutalität gewann Prinz William seinen Beinamen „butcher“ (Schlächter), und die englisch-schottischen Beziehungen wurden nachhaltig beschädigt. Gleichwohl es nicht unüblich für diese Zeiten war, ist es doch interessant, wie jung die beiden Heerführer waren (Charlie war 25 Jahre alt, während William kurz davor stand, dieses Alter zu erreichen): Bis zu welchem Grad hatte sich ein Verantwortungsgefühl entwickelt, sei es für die eigenen Soldaten, sei es für die lang andauernden Konsequenzen der eigenen Taten, wenn nicht generell im Sinne einer Moral?

Wie auch immer, der letzte Versuch, das Haus der Stuarts wieder auf den Thron zu bringen, war gründlich gescheitert. Bonnie Prince Charlie wurde trotz eines extrem hohen Kopfgeldes von 30.000 £ nicht gefaßt, sondern er floh nach Frankreich, hatte zahlreiche Affären, wurde Alkoholiker und starb 1788 als „Herzog von Albany“ in Rom, wo er 67 Jahre zuvor geboren worden war.

Laut John Prebbles Buch „Culloden“ (1961) nahmen die britischen Soldaten die jakobitische Armee in jener Schlacht mit „keiner größeren Nähe wahr als ein Offizier der viktorianischen Armee später einen Kämpfer der Zulu ansehen“ würde. Wie auch Peter Watkins in seinem Film aus dem Jahr 1964 Parallelen zwischen der Schlacht von Culloden und amerikanischen Gräueltaten im Vietnamkrieg zog, so erstellt der Künstler, der das Schlachtfeld von Culloden zuerst als Kind besuchte, eine Installation in der Art kolonialer Ausstellungen des 19. Jahrhunderts, als „exotische“ oder „primitive Völker“ zur Unterhaltung „zivilisierter“ europäischer Besucher vorgeführt wurden.

Andrew Gilbert: „Colonial Exhibition – Culloden 1746“
27. Oktober – 7. Dezember 2012
Vernissage: 26. Oktober 2012, 1900h

Power Galerie
Hopfensack 14
20457 Hamburg

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